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Vom Marshallplan zur EWG

Die Geschichte der europäischen Integration wurde erst spät als Feld zeithistorischer Forschung entdeckt. Ein Meilenstein war das IfZ-Projekt „Westdeutschland in den internationalen Beziehungen 1945 bis 1955“, das auch die neue Disziplin der historischen Integrationsforschung auf den Weg brachte.

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Güterwagen mit Aufschrift „Amerika hilft beim Aufbau Europas. Diese Güterwagen lieferte der Marshall Plan“, 6. November 1948 (Foto: Bundesarchiv, Bild 183-R83460)

Die Erforschung der Vor- und Frühgeschichte der Bundesrepublik kam von Anfang an nicht ohne die Geschichte der internationalen Beziehungen aus. Schließlich war die doppelte Staatsgründung von 1949 nicht ohne die alliierte Deutschlandpolitik, den Kalten Krieg und die Teilung Europas zu denken, zu analysieren und zu beschreiben. Diese Bezüge wurden insbesondere im (west-)deutsch-amerikanischen Kontext bereits im Projekt über Politik und Gesellschaft in der US-Zone deutlich, auch wenn dessen Erkenntnisinteresse primär sozial- und erfahrungsgeschichtlicher Natur war.

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Schuman-Plan: Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, ca. 1950/51 (Foto: Bundesarchiv, B 285 Plak-022-01)

Das Projekt „Westdeutschland in den internationalen Beziehungen 1945 bis 1955“, das – von der Volkswagen-Stiftung finanziert – in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre unter Leitung des stellvertretenden Institutsdirektors Ludolf Herbst zu den wichtigsten Forschungsvorhabens des IfZ gehörte, war aber nicht einfach die außenpolitische Erweiterung und Fortschreibung der Arbeiten zur (west-)deutschen Gesellschaftsgeschichte „Von Stalingrad zur Währungsreform“.  Das neue Projekt setzte vielmehr wegweisende neue Akzente: Zum einen arbeitete die Forschungsgruppe interdisziplinär und rezipierte Konzepte und Studien aus der Nationalökonomie oder der Politischen Wissenschaft, zum anderen bildete die Erforschung der europäischen Integration mit ihren spezifischen Institutionen und Organisationen den zentralen Referenzpunkt des Unternehmens und ebnete so der neuen Disziplin der historischen Integrationsforschung den Weg, die sich insbesondere in den 1990er und 2000er Jahren durchsetzte.  

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Der Sammelband „Vom Marshallplan zur EWG“

Während die beiden Sammelbände „Westdeutschland 1945–1955“ und „Vom Marshallplan zur EWG“ die internationale Forschung bilanzierten und stimulierten, führte Christoph Buchheims Studie „Die Wiedereingliederung Westdeutschlands in die Weltwirtschaft“ zu einer intensiven Debatte unter Wirtschaftshistorikern über die Wurzeln und Triebkräfte des Booms nach 1948. Dabei spielte die Geschichte der deutschen Teilung und die Integration der DDR in die ökonomischen und militärischen Strukturen des Ostblocks keine Rolle; im letzten Jahr der „alten“ Bundesrepublik war auch die Westorientierung der deutschen Zeitgeschichtsforschung unübersehbar, obwohl der Fall des Eisernen Vorhangs seit 1988 seine Schatten voraus warf.