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Ein Schriftdenkmal für die ermordeten Juden

Die 16 Bände der Edition „Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945“ (VEJ) gelten als die weltweit umfassendste Sammlung von Quellen zum Holocaust. Dafür wurden Dokumente aus 21 Sprachen ins Deutsche übersetzt und viele von ihnen erstmals veröffentlicht.

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Erinnerungsstätte auf dem Gelände des früheren Vernichtungslagers Treblinka (Foto: Adrian Grycuk, CC BY-SA 3.0 PL, Wikimedia Commons)

Noch lange nach Kriegsende galt die Forschung über den Holocaust eher als Randthema der Geschichtswissenschaft. Gleichwohl wurde auch im IfZ schon früh über den Genozid gearbeitet, so beispielsweise 1958 mit den erstmals herausgegebenen Aufzeichnungen des Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß oder in Gutachten für Gerichtsverfahren wie dem Frankfurter Auschwitz-Prozess 1963 bis 1965, die unter dem Titel „Anatomie des SS-Staates“ eine breite Leserschaft gefunden haben. 

Dabei ging es allerdings zumeist um Entscheidungsprozesse, Institutionen, Verantwortlichkeiten und Funktionslogiken, während das Mordgeschehen selbst – die Verbrechen der Täter und die Leiden der Opfer – eine Leerstelle blieben.

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Gruppe jüdischer Frauen und Kinder in Minsk, 1940er Jahre (Foto: Bundesarchiv, N 1576 Bild-006/Fotograf: Ernst Herrmann)

Als weitere wichtige Veröffentlichungen sind die von Helmut Krausnick und Hans-Heinrich Wilhelm verfasste Studie „Die Truppe des Weltanschauungskriegs“ (1981), der von Wolfgang Benz herausgegebene Sammelband „Dimension des Völkermords“ (1991) und die vier Bände des Projekts „Darstellungen und Quellen zur Geschichte von Auschwitz“ (2000) zu nennen. 

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Mit der Dokumentenedition „Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945" (VEJ) wurde erstmals eine thematisch umfassende Auswahl von bislang überwiegend unveröffentlichten Quellen zum Holocaust vorgelegt (Foto: IfZ, Bildersammlung)

An diese Traditionen anknüpfend und Anregungen aus der internationalen Historiografie sowie der transnationalen Erinnerungskultur aufgreifend wurde 2004 ein monumentales Projekt in Angriff genommen, das den ermordeten Juden Europas ein „Schriftdenkmal“ setzen und der Forschung neue Impulse verleihen wollte.  

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Zum Abschluss der 16-bändigen Edition „Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945” lud der Bundespräsident die Herausgeberinnen und Herausgeber ins Schloss Bellevue (Foto: Bundesregierung, Guido Bergmann)

Unter der Federführung des IfZ, des Bundesarchivs sowie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte – Ulrich Herbert) und gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft entstanden bis 2021 insgesamt 16 im Wesentlichen nach Ländern und Schauplätzen gegliederte Bände, die etwa 5500 Zeugnisse der Verfolgten, der Täter und von nicht unmittelbar Beteiligten aus über 400 Archiven enthalten. Aber nicht nur der Umfang – rund 13.000 Seiten –, sondern auch der europäische Horizont zeichnen dieses Editionsprojekt aus.  

Internationaler Transfer

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Die ersten drei Bände der englischsprachigen Edition „The Persecution and Murder of the European Jews by Nazi Germany, 1933–1945”

Noch vor dem Abschluss des Projekts fiel die Entscheidung, in Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Yad Vashem alle 16 Bände ins Englische zu übersetzen. Dazu wurde 2014 die Arbeitsgruppe „The Persecution and Murder of the European Jews by Nazi Germany, 1933–1945“ in Berlin eingerichtet. Sieben Bände sind bisher erschienen. 

Die Quellen sprechen

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Gemeinsame Veranstaltung „Die Quellen sprechen” mit dem BR, bei der die dokumentarische Höredition der VEJ vorgestellt wurde. Herausgeberin Susanne Heim und Herausgeber Dieter Pohl diskutieren mit den Zeitzeuginnen Charlotte Knobloch und Eva Umlauf (Foto: Philipp Kimmelzwinger, Bayerischer Rundfunk)

Auf der Edition baut auch die ambitionierte Audioversion „Die Quellen sprechen” auf, für die der Bayerische Rundfunk in Zusammenarbeit mit dem IfZ verantwortlich zeichnet und die 2016 mit dem Deutschen Hörbuchpreis geehrt wurde. Damit wird dieses Projekt dem Anspruch des IfZ, Forschung und Wissenstransfer miteinander zu verbinden, in besonderer Weise gerecht.

Video

Vortragsreihe „Der Holocaust als europäisches Ereignis“ (Eröffnung der VEJ-Konferenz am 9.5.2023)