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Die Geschichte der Treuhandanstalt 1989/90 bis 1994

Die Privatisierung der ostdeutschen Wirtschaft nach 1990 hat die Eigentumsverhältnisse und Produktionsbedingungen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR radikal verändert. Dabei spielte die Treuhandanstalt eine zentrale und bis heute umstrittene Rolle. Ihre Struktur und Arbeitsweise hat eine Projektgruppe des IfZ auf breiter Quellengrundlage untersucht.  

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Demonstration von IG Metall, Betriebsräten und Belegschaftsmitgliedern am Stahl-Standort Unterwellenborn, 19.12.1990 (Foto: Bundesarchiv, Bild 183-1990-1219-006)

Mit der Treuhandanstalt verbinden sich bis heute enttäuschte Hoffnungen, aber auch Selbsttäuschungen und Mythen. Die Umbrüche während der Treuhand-Jahre hatten Folgen für Mentalitäten und politische Einstellungen in Ostdeutschland, die bis in die Gegenwart hineinreichen. Für die Zeitgeschichtsforschung stellt sich die Herausforderung, die unterschiedlichen Perspektiven in Relation zu setzen, um so einen vielschichtigen Blick auf die 1990er Jahre zu erhalten. 

Show larger version for: Gruppenfoto mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Treuhand-Projekts

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Treuhand-Projekts, fotografiert für den Jahresbericht des IfZ

Seit Anfang der 2000er Jahre erhielt die zeithistorische Forschung neue Impulse – und neue finanzielle Mittel – durch Initiativen staatlicher Institutionen wie Bundesministerien, um personelle und politisch-inhaltliche Kontinuitäten zwischen der NS-Zeit und den Nachkriegsjahren auf den Prüfstand zu stellen. Das Bundesfinanzministerium nahm diese Initiativen auf und stellte Mittel für ein IfZ-Projekt zur Verfügung, das mit der Geschichte des Nationalsozialismus wenig, aber mit der Gegenwart der „Berliner Republik“ viel zu tun hat, wie sie seit dem Ende der deutschen Teilung am 3. Oktober 1990 entstanden ist. Untersuchungsgegenstand war mit der Treuhandanstalt eine ebenso zentrale wie umstrittene Institution des Übergangs vom geteilten zum wiedervereinigten Deutschland. Historikerinnen und Historiker konnten dafür etwa 12 Kilometer Akten aus dem Bundesarchiv systematisch auswerten und stellten damit die formativen Jahre der Transformation von Ost- und Westdeutschland auf eine neue empirische Grundlage.  

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Industriegebiet in Leuna, August 1991 (Foto: Bundesarchiv, B 145 Bild-F089027-0026)

Das Projekt nahm dabei die doppelte Transformation in den Blick, wobei sich einigungsbedingte Probleme und globale Veränderungen überlagerten und gegenseitig verschärften. Die Einführung der Marktwirtschaft in Ostdeutschland erfolgte auch unter den Bedingungen einer immer stärker weltweit vernetzten Wirtschaft, die ihrerseits den Westen unter Reformdruck setzte. Dabei erwies sich die Treuhandanstalt als überforderte Behörde, die nicht nur abhängig von rechtlichen Vorgaben und ökonomischen Zwängen agierte, sondern auch von anderen Akteuren wie der Bundesregierung, den Landesregierungen, den Arbeitgeberverbänden, den Gewerkschaften oder der Europäischen Union.

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Bei einer Veranstaltung im Bundesministerium der Finanzen wurden vor Gästen aus Politik, Kultur und Wissenschaft die Ergebnisse des Treuhandprojekts diskutiert. auf dem Podium: Karl-Heinz Paqué, der Ostbeauftragte der Bundesregierung Carsten Schneider, Katharina Gerlach, Andreas Wirsching und Richard Schröder (von links nach rechts), Foto: Bundesministerium der Finanzen/Fotothek

Die Ergebnisse dieses ungewöhnlich großen IfZ-Projekts sind in elf Bänden veröffentlicht worden. Sie sind ausgesprochen vielfältig und zeigen nicht zuletzt, dass die Geschichte der Treuhandanstalt nicht nur eine Angelegenheit der sogenannten Neuen Bundesländer gewesen ist, sondern nur im gesamtdeutschen und europäischen Zusammenhang angemessen beurteilt werden kann. 

Videos

Wolf-Rüdiger Knoll: Nebenregierung Ost? Die Treuhand und die Region Berlin-Brandenburg (Vortrag in der Reihe „Die überforderte Behörde. Neue Forschungen zur Treuhandanstalt” in Kooperation mit der Stiftung Aufarbeitung, 12.10.2020)

Dierk Hoffmann: Treuhand und Wirtschaftspolitik (Vortrag im Rahmen der Veranstaltung der Bundesstiftung Aufarbeitung am 11. März 2020 aus Anlass von 30 Jahre Volkskammerwahl vom 18. März 1990)

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