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Demokratie in der Zwischenkriegszeit

Ein umfangreiches Langzeitprojekt untersuchte stabilisierende und belastende Faktoren der demokratischen Ordnung nach dem Ersten Weltkrieg im deutsch-französischen Vergleich und stellt zugleich die These vom deutschen Sonderweg auf den empirischen Prüfstand.

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Aufnahme der Reichstagssitzung vom 19. Januar 1925 – Warum die erste deutsche Demokratie keinen Bestand hatte, ergründete das Projekt „Demokratie in der Zwischenkriegszeit” (Foto: Bundesarchiv, Bild 183-1989-0220-500)

Wie konnte es so weit kommen? Wie konnte es zur Zerstörung der ersten deutschen Demokratie, zur Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 und zur Errichtung eines totalitären Regimes kommen? Diese Frage stand 1949 am Anfang der Arbeit des Instituts für Zeitgeschichte und prägte insbesondere die Forschungen der 1950er Jahre.

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Die Studie „Vom Weltkrieg zum Bürgerkrieg?” von Andreas Wirsching erschien als erste Studie des Projekts „Demokratie in der Zwischenkriegszeit. Deutschland und Frankreich im Vergleich”

An diese historiografische Traditionslinie knüpfte das 1992 begonnene Projekt zur Geschichte der „Demokratie in der Zwischenkriegszeit“ unter der Leitung von IfZ-Direktor Horst Möller und Andreas Wirsching an, das freilich einen entscheidenden neuen Akzent setzte: Es ging nicht nur um die Frage nach den Entwicklungen im Deutschen Reich mit dem bekannten Ausgang, sondern in konsequent vergleichender Perspektive darum zu analysieren, warum international sichtbare Krisenphänomene in Deutschland zum Zerfall dem demokratischen Ordnung führten, während sich in Frankreich die Dritte Republik trotz aller Konflikte und Belastungsfaktoren gegen ihre antidemokratischen Feinde behaupten konnte.  

Bis 2011 entstanden insgesamt sieben Monografien und ein Sammelband, die zeigten, dass die größere Fragilität der Weimarer Republik nicht nur in den größeren politischen, ökonomischen und sozialen Herausforderungen begründet lag, sondern auch in der fehlenden – historisch gewachsenen – politischen Kultur als integrativem Faktor.

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Wie reagierten der Parlamentarismus in Frankreich und in Deutschland auf die nationalen Inflationskrisen der 1920er Jahre? Diese Frage hat Thomas Raithel untersucht und dabei unter anderem die Politik des Kabinetts Poincaré (1926–1928) behandelt. (Foto: Bundesarchiv, Bild 102-06814)

Die Studien schlugen einen weiten Bogen von der Zuspitzung des Extremismus in den Metropolen Berlin und Paris über die politischen Verhaltensmuster in ländlichen Milieus und die Strukturprobleme des parlamentarischen Systems bis zu den spannungsgeladenen industriellen Beziehungen und zur Anfälligkeit deutscher und französischer Intellektueller für die totalitäre Versuchung der Sowjetunion. Dazu kamen Untersuchungen zur politischen Biographie Paul Reynauds, des letzten Ministerpräsidenten der Dritten Republik, und zu linken französischen Regierungsbündnissen.

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Die französische Narionalversammlung: Dass in Frankreich die demokratische Ordnung stabiler war, war eines der Ergebnisse des Forschungsprojekts „Demokratie in der Zwischenkriegszeit” (Foto: Maria Eklind, CC BY-SA 2.0, Wikimedia Commons)

Zieht man die Summe dieses aspektreichen Langzeitprojekts, lassen sich gesamteuropäische, durch den Ersten Weltkrieg verschärfte Krisenphänomene der Klassischen Moderne feststellen, die auf historisch determinierte Strukturen trafen. Diese stärkten in Frankreich die Überlebensfähigkeit der demokratischen Ordnung, während in Deutschland das Fundament für die Demokratie in Deutschland erheblich brüchiger war. Damit leistete das Projekt „Demokratie in der Zwischenkriegszeit“ auch einen wichtigen Beitrag zur empirischen Überprüfung der These vom deutschen Sonderweg.

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